Sg. Frau Integrations-Ministerin Claudia Plakolm
Bundeskanzleramt: Sektion II – Integration, Kultusamt und Volksgruppen
Darf ich Sie als Ministerin für Integration, Kult und Volksgruppen ansprechen. Gleich zu Beginn möchte ich Ihnen jedoch sagen, dass ich mich - seitdem Sie in der „medialen“ Politik vor einigen Jahren aufgetaucht sind – fast immer über Ihre mehr oder weniger offen ausgesprochene Ablehnung, bzw. Feindlichkeit gegenüber Migranten, vor allem gegen Muslime, geärgert habe. Wobei Sie kaum zwischen Arbeitsmigration und Flüchtlingsmigration unterscheiden.
Allerdings würde unser „Werkel“ ohne Arbeitsmigration, (Jugo- und Türken-Hackler und zuletzt aus der Ost-EU; aber laut AMS bereits viele anerkannte Asylanten von 2015) kaum laufen; wer macht denn die viele Handwerks- und schwere Arbeit und die Drecksarbeit? Unsere Jugendlichen gehen heute ja auf die Uni! Viele Migranten sind heute Österreicher und gut integrierte Mitbürger (hätten wir freundlichere Gesetze – z.B. auch für eine Doppelstaatsbürgerschaft - wären es mehr). So wie andere österreichische Volksgruppen pflegen viele Migranten auch ihre Herkunftskultur. Und darunter sind auch viele Muslime.
Darf ich Ihnen dazu eine kleine private Episode mitteilen: Mein Großvater war um 1905 KuK-Offizier im von Österreich okkupierten Sarajewo. Meine Tante war 1900 geboren und ging in Sarajewo in die Volksschule; und sie erzählte, dass im Klassenzimmer 2 Bilder nebeneinander hingen: der Kaiser – und der osmanische Sultan. In der Monarchie war vor über 100 Jahren der Islam bereits eine anerkannte Religionsgemeinschaft.
Deshalb verstehe ich eigentlich nicht Ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Islam. Wenn Sie ein wenig in der Religionsgeschichte blättern, werden Sie schreckliche Morde aus religiösen Gründen bei den Muslimen und Christen (bei denen sogar eher mehr – siehe die Besiedlung Amerikas und den Kolonialismus) finden – zudem ging es den jüdischen Gemeinden in den arabischen Ländern über Jahrhunderte wesentlich besser als in den christlich-europäischen Ländern. Schließlich basieren die drei Religionen Judentum, Christentum und Islam weitgehend auf der Bibel. Und darin findet sich der wichtige Grundsatz, bzw. das Gebot, dass „Fremde“ freundlich aufzunehmen sind.
Da Sie auch für die Integration von Religionsgemeinschaften und Volksgruppen zuständig sind, darf ich an dieser Stelle einige Vorschläge machen: Sie könnten z.B. in Ihrer Sektion eine Arbeitsgruppe einrichten, in der alle anerkannten Religionsgemeinschaften und Volksgruppen sich Gedanken um ein friedliches Zusammenleben machen; dabei wäre auf den Unterschied von religiösen Grundsätzen und volkstümlichen Gewohnheiten/Brauchtum zu achten.
Dazu wäre auch hilfreich, wenn das in der Wiener Seestadt geplante „Haus der Religionen“ baldigst realisiert würde.
Zweitens: bitte bemühen Sie sich, dass in unseren Schulen statt des jeweiligen nach Konfessionen getrennten Religionsunterrichts ein für alle verpflichtendes Fach „Ethik und Religionen“ eingerichtet wird, wo offen über verschiedene Glaubensbegriffe und – grundsätze sowie über diverse volkstümliche Gebräuche informiert und diskutiert wird.
Da wir momentan eine offene Gesellschaft sind, gibt es eben verschiedene Grundsätze und Gebräuche. Und da kommt es auch vor, dass die einen das Glockengebimmel am Sonntag um 7h früh stört, die anderen das Kopftuch – und andere sich über die „halbnackten“ Frauen auf den Strassen und U-Bahnen in der Sommerhitze ärgern – und wieder andere über den LGBTQIA+Hype.
Dann noch zur zweiten Migrationsart: die Kriegs- und Wirtschafts-Flüchtlinge und Asylanten. Zur Erinnerung: solange es den „Eisernen Vorhang“ gab, wurde (fast) jeder Flüchtling aus der (kommunistischen) Sowjet-zone mit offenen Armen aufgenommen. Nach der Wende kamen dann die Arbeitsmigranten und später die Flüchtlinge/Asylanten aus dem Nahen Osten und Afghanistan. Aber die flohen ja nicht zum Vergnügen! Der Nahe Osten, Iran, Irak, Syrien, Libanon, Ägypten waren in den 1950er bis 1970er Jahren aufstrebende Länder, bis sie dann durch Sanktionen und Kriege destabilisiert wurden (weil sie sich nicht den westlichen Vorstellungen - bzw. Diktat - beugten); deshalb die Millionen Kriegs- und auch Wirtschaftsflüchtlinge, die nach Europa kommen wollen. Und Israel-Palästina ist in diesem Zusammenhang ein zusätzlicher destabilisierender Faktor – aber dazu nur das Wort Kreisky´s: „lernen sie Geschichte“
Also nochmals kurz:
1. Ohne Arbeitsmigration (darunter auch die bösen Muslime) ging bei uns
gar nichts. Eine entsprechende Integrationsförderung gehört zu den
wichtigsten Aufgaben Ihres Ministeriums: Sprache, berufliche
Ausbildung, Kultur, Religion, Vereine, (z.B. frw. Feuerwehr)
2. Österreich ist zwar ein kleines Land – aber als sich zur westlichen
Werte- und Kulturgemeinschaft zählendes Land indirekt an der
wirtschaftlichen Ausbeutung und militärischen Destabilisierung des
Nahen Ostens und des Globalen Südens „mitbeteiligt“. Die
Flüchtlings- und Migrationskrise ist eine Folge davon. -----
„mitgehangen – mitgefangen“. Österreich hätte als „neutrales“ Land
sicher mehr Spielraum, hier etwas zu tun! Die aktuelle Kürzung der
„Entwicklungszusammenarbeit“ ist da auch kein „Leuchtturm“.
Mit freundlichen Grüßen
Mag. Richard Langthaler