Gestern wurde Rainer Schaden, seit urvordenklicher Zeit Antiquar in der Wiener Innenstadt, von einem Geschworenen-Gericht freigesprochen. Er war angeklagt wegen Wiederbetätigung: Er hatte den Nachlass von Brigitte Hamann, weitum bekannte Historikerin („Kronprinz Rudolph“, „Hitlers Wien“) und Dame der gehobenen Wiener Gesellschaft, verstorben 2016, im Auftrag der Erben weiterverkauft. Die hatten ihn auf ausdrücklichen Wunsch ihrer Mutter an den angesehenen Geschäftsmann übergeben, weil sie eine seriöse Erledigung wünschten. Die Staatsanwältin Bettina Sommer aber behauptete, er habe den Inhalt „billigend in Kauf genommen“.
Schaden wurde von den Geschworenen einstimmig freigesprochen. Der Skandal liegt darin, dass er überhaupt angeklagt wurde; mit Billigung der Justizministerin Anna Sporer, SPÖ. Vorher hatte der Verfassungsschutz sein Geschäftslokal gefilzt.
Möglich wurde dies durch die Novelle zum Verbotsgesetz, von 2023. Das führt wiederum einen Index verbotener Bücher ein. Die darf man entweder überhaupt nicht mehr lesen, oder aber nur „in kommentierter Ausgabe“. Letzteres steht im Einführungserlass des BMI an seine Beamten vom 10. Jänner 2024.
Zu diesem Verfahren gehören auch die Denunzianten. Denn wie kam die Staatsanwaltschaft überhaupt an das Thema Schaden? Denunzianten-Netzwerke sollen laut der „Nationalen Antisemitismus-Strategie“ der österreichischen Bundesregierung, eben publiziert, ausdrücklich gefördert werden; einige unter ihnen sogar als Institutionen privilegiert. Vorbild ist die BRD. Dort haben Robert Habeck viele Hunderte und Friedrich Merz nunmehr Tausende von Anzeigen wegen Majestäts-Beleidigung (§ 188 des [deutschen] StGB) eingebracht.
Schaden wurde freigesprochen, weil es ein Geschworenengericht war, ein Laiengericht also. Bei einem einzelnen Berufsrichter, einem Bürokraten, wäre dies vermutlich anders ausgegangen.
Aber wer nun glaubt: Ist eh alles in Ordnung, täuscht sich gewaltig.
Wie funktioniert staatlicher Terror? Jeder, jede, ob wichtig oder unwichtig, kann getroffen werden. Noch schaffen sie es technisch nicht, Alle zu belangen. Aber Alle müssen das Gefühl bekommen: Ich kann die oder der Nächste sein. Damit ist der gewünschte Effekt gegeben: Aus der bürokratischen Zensur wird die Selbstzensur.
Man kann dies Autoritarismus nennen. Das ist verharmlosend. Ein Begriff muss mit seinem Ausdruck auch den historischen Kontext herstellen. In diesem Fall versucht der linksliberale mainstream, seine Auffassungen mittels der Staatsgewalt durchzusetzen. Wenn jetzt vereinzelt Kritik an Schaden-Verfahren und an der "unfähigen" und "böswilligen" Staatsanwältin geäußert wird, dann ist dies pure Heuchelei. Denn diese Journalisten, im „Falter“ etwa, schreiben das Wichtigste nicht: Dass dies ein Verfahren nach und im Geist der Novelle von 2023 war. Denn diese unterstützen sie durchaus.
Der „linksliberale mainstream“, das ist – in Ausdrücken der Klassen-Analyse – die Obere Mittelschicht. Seinerzeit, in den 1920ern und 1930ern, hat diese Klasse den National-Faschismus aufgebaut. Damals wurde sie vom Alten Mittelstand und einem Gutteil der Bauern unterstützt und vom Großkapital finanziert. Heute hat diese Klasse zwar eine andere Ideologie. Aber es bleibt dieselbe Klasse. Darum spreche ich vom Techno-Faschismus. Aber das zielt mehr auf die Ideologie ab. Besser wäre der Begriff Bürokratischer Faschismus. Das spricht die handelnde Institution und damit eine wichtige Gruppe im Rahmen dieser Klasse an. Es ist leider ein ziemlich holpriges Wort.
Ob Autoritarismus, Techno-Faschismus, Bürokratischer Faschismus: Die Rechtsgrundlagen dafür werden eben geschaffen. Und die Transformation ist in vollem Gang.