„9 von 10 Zentralbanken“ – teilt uns ein in Bürokratendeutsch gehaltener, nahezu nichtssagender Text des österreichischen Finanzministeriums von 2023 mit – „arbeiten an CBDC-Projekten, Stand vom 29. März 1923.“
Was sagt dieses Kürzel, CBDC, „Central Bank Digital Currency“? Das neue elektronische Geld ist ein Versuch, die Kontrolle des entscheidenden Lebensbereichs, der Lebenshaltung, aller Einkäufe und Verkäufe, politisch zu überwachen. Jede einzelne Person soll direkt bei der jeweiligen Zentralbank erfasst werden. Die gesamte Bevölkerung wäre damit erfasst. Man hätte nicht nur alle Informationen über die täglichen Gewohnheiten. Man könnte bei Bedarf eine missliebige Person auch sperren, sie buchstäblich aushungern. Hier zeigt sich, worum es bei der Abschaffung des Bargeldes geht. Das ist seit Langem ein Ziel der EU und der von ihr abhängigen politischen Eliten. Aber das lief bisher über die Banken, mit ihren inzwischen völlig unumgehbaren Giro-Konten. Die Banken befinden sich in einem monopolistischen Wettbewerb untereinander, sind also noch nicht zentralisiert. Damit gibt es noch Ausweich-Möglichkeiten. Nun soll diese Zentralisation kommen.
Hier liegt noch ein Schwachpunkt des Projekts: Die Bürokratie ist dem Groß- bzw. Finanz-Kapital verbunden. Wie ließe sich dies, die zentrale Kontrolle und die Profite für das Finanz-Kapital, vereinbaren? Das Projekt CBDC reißt einen Konflikt zwischen Bürokratie und dem Finanzkapital auf. Deswegen spricht sich eine Publikation unter dem Einfluss der deutschen Banken (König / Meyer 2025) auch dagegen aus. Kein Wunder, wenn diese zum Schluss kommen: Das Vorhaben sei „kritisch zu sehen“, weil „die Geschäftsbanken umgangen werden können. … [was] die Eigenkapitalrendite der Banken negativ beeinträchtigen könnte.“ Noch hat man offenbar das Ei des Kolumbus nicht gefunden. Man denkt dabei an „Halte-Obergrenzen“ für den digitalen Euro: Wird diese Grenze überschritten, tritt eine „Wasserfall-Funktion“ in Kraft“; der Überschuss wird auf ein Giro-Konto rücküberwiesen. Man braucht also zwei Konten.
Aber achten wir wohl auf die Dialektik der Angelegenheit! Weil die Banken dagegen sind, werden die von den Ideologen der Bürokratie vorgeschobenen Bedenken nicht ungültig. Das Projekt läuft auf die totale Kontrolle der Bevölkerung durch die Bürokratie hinaus.
Die Stärke der alten und neuen Rechten war es immer, echte Probleme aufzugreifen oder vorzuschieben, um ihre eigenen Interessen dahinter zu verstecken. Aber die Probleme existieren! Die „Gefährdung der Privatsphäre des Bürgers“ ist höchst real. „Der digitale Euro [wird] zu einem Instrument staatlicher Kontrolle… Die Risiken und Nachteile [überwiegen] eindeutig“ (a. a. O.).
Das ist höchst diffus ausgedrückt. Sagen wir es deutlicher! Es geht offenbar um die Etablierung dessen, was man als Social Credit System bezeichnet, eine vollständige Lenkung bzw. Steuerung des Verhaltens inklusive handfester Bestrafung von Abweichungen, welche die Bürokratie als unerwünscht betrachtet. Sie entscheidet, was gut und was böse ist. Und die Bestrafung nimmt durchaus existenzbedrohende Formen an. Oder ist es harmlos, wenn es einem „Bösen“ verweigert wird, ein Flugticket oder eine Bahnkarte zu kaufen?
Das Beispiel und weitere dazu stammen aus den Berichten über das chinesische Social Credit System (Kobie 2019; vgl. Sel 2024). Wir haben keinerlei Gründe, die chinesische Form des Kapitalismus anzuhimmeln oder das dortige Regime zu verteidigen, nur weil es – glücklicher Weise – die westlichen Weltherrschafts-Bestrebungen etwas einhegt und ihnen eine neue Macht entgegen setzt. Wir sollten uns nur bewusst sein: Das Hindeuten auf China dient im Wesentlichen dazu, die Aufmerksamkeit von parallelen Entwicklungen im Westen und im Speziellen in Europa abzulenken. Wir vergessen nicht die Schikanen, die uns jetzt schon entgegen gesetzt werden, wenn wir eine Veranstaltung planen und uns dann auf Druck (z. B. der Wiener Kommunal-Bürokratie) im letzten Moment der Veranstaltungsraum abgesagt wird … Aber überhaupt: Wozu in die Ferne schweifen, nach China? Es gibt in der Zwischenzeit eine ganze Reihe von Beispielen für Social Credit Sysemen in Europa: In Rom, in Bologna – und in Wien werden ähnliche Systeme getestet und im unauffälligen Kleinen bereits eingerichtet („smart citizen wallet“; Kultur-Token-App in Wien mit motion tracking; …). Ist es Zufall, dass die Sozialdemokraten den Vorläufer spielen?
Aber ist dies nicht ein bisschen übertrieben? Heißt dies nicht, den Teufel gar zu grell an die Wand zu malen?
Es gibt bereits eine Anzahl von Versuchen, CBDC zu verwirklichen. Das Ergebnis lässt sich ohne lange Umwege zusammenfassen: „Experimente in diese Richtung können als eine Folge von Flops und Sackgassen sowie von monumentalen Erfahrungen in politischem Größenwahn bezeichne werden. Die Nachfrage nach diesem Geld war äußerst niedrig, Es waren bisher nur Fehlschläge, wenn man als Erfolg irgendeinen greifbaren Vorteil für die Bevölkerung betrachtet“ (Dowd 2024). Zur Ergänzung: Solche Versuche machte man bisher in Finnland, den Bahamas, Jamaica, Ecuador, China. In Nigeria versuchte es der dortige Zentralbank-Chef, das neue Geldsystem mit Gewalt durchzusetzen. Das „Experiment“ wuchs zur Katastrophe für die Bevölkerung aus und kostete Milliarden an Ressourcen. (Der Herr Emefiele sitzt mittlerweile ein – aber nicht wegen dieses monströsen Verbrechens, sondern weil er nebenbei so ein bisschen korrupt war und Präsident werden wollte.)
Wenn dies aber so ist, warum besteht „Brüssel“ auf einem neuerlichen solchen Experiment?
Die Antwort haben wir mit dem Hinweis auf die Socal Credit Systeme gerade gegeben.
Das Panopticum nach Bentham und das Panopticum heute
Panoptikum war eine totalitäre Phantasie des Jeremy Bentham aus dem Jahr 1791. Dieser Grundlagen-Philosoph und Haupt-Theoretiker einer kapitalistischen Gesellschaft und des neuen bürgerlichen Menschen entwarf ein Muster-Gefängnis: Jederzeit und überall sollte darin jeder Insasse von den Wärtern gesehen und überwacht werden. Die neuen Eliten von heute können über die altmodische Denkweise des britischen Philosophen nur lachen. Die EU / EZB und die anderen Zentralbanken dehnen diese Gefängniswelt auf die ganze Gesellschaft aus und haben prinzipiell die technischen Mittel, es auch tatsächlich durchzusetzen.
Natürlich darf es nicht beim Geld allein bleiben. Wir wissen inzwischen, dass gerade die Umwelt-Politik ein Haupt-Einfallstor des neuen Autoritarismus darstellt. So wird den diese künftige Überwachungs-Gesellschaft vor allem mit Umweltschutz gerechtfertigt. Da darf natürlich der eine oder andere Tycoon nicht abseits stehen. Ryan Air „spart in Hinkunft Papier ein.“ Und auch in Paris wird es in Hinkunft keine Fahrkarten aus Papier mehr geben: „Papierbillette verschwinden aus der Pariser Metro. Nur noch digital – nach 125 Jahren schafft die Stadt die physischen Fahrkarten der Umwelt zuliebe ab“ (NZZ, 7. November 2025). Ähnliches gibt es seit einiger Zeit in Peking, wie wir wissen das heimliche Vorbild hiesiger Politiker und Wirtschaftsführer. Die Bürgermeisterin von Paris ist übrigens Sozialdemokratin.
Ironischer Weise finden wir in derselben Ausgabe dieser Zeitung des Schweizer Finanzkapitals, der NZZ, zwei weitere Artikel: „KI bedeutet das Ende des Datenschutzes“ (S. 15). Und S. 20: „Von KI profitieren bisher nur wenige“: Die Rede ist hier von Unternehmen, denn nun befinden wir uns im Wirtschaftsteil…

Aber der wirkliche Nerv des Systems ist das Geld und die Geldversorgung der Konsumenten.
Die Linke schläft dazu, soweit sie überhaupt noch existiert. Ich finde folgende kurze Notiz ganz versteckt in der jungen welt, und es ist ganz klar, dass die Redaktion bei der Übernahme aus der Presse-Agentur die Tragweite nicht im Mindesten verstanden hat:
EZB will ab 2029 digitalen Euro. Frankfurt am Main/Florenz. Die Europäische Zentralbank (EZB) treibt die Arbeiten an einem digitalen Euro voran und peilt eine Einführung der Alternative zum Bargeld für 2029 an. Voraussetzung ist, dass es bis dahin einen Rechtsrahmen dafür gibt. Unabhängig von der noch ausstehenden Einigung auf politischer Ebene beschloss der EZB-Rat bei seiner auswärtigen Sitzung in Florenz, die Vorbereitungen der Notenbank für einen digitalen Euro fortzusetzen. (dpa/jW)“ (junge welt, 31. Oktober 2025). – junge welt 8. / 9. Nov. 2025, S. 12: „…Aus Online-Angeboten werden Online-Zwänge…“
Und dagegen kann man nichts mehr tun?
Ich komme nochmals auf die Stellungnahme der ideologischen Sprecher der Banken zurück. Das ist von allergrößter politischer Bedeutung. Wir müssen uns inzwischen fragen: Wer ist die größere Gefahr: die Bürokratie oder das Großkapital? Da das Kapital fragmentiert ist und in monopolistischer Konkurrenz zueinander steht, die Bürokratie aber zentralisiert über die Staatsmacht verfügt, scheint inzwischen die größere Gefahr von der Bürokratie auszugehen. Der „Paradigmenwechsel vom Liberalismus zum oligarchischen Autoritarismus“ (Rudolf Bauer) wird inzwischen hauptsächlich von der übernationalen, aber auch der nationalen Bürokratie angeführt: siehe Covid-Wahnsinn!
BMF (2023), Digitales Zentralbankgeld und der digitale Euro. Wien.
Dowd, Kevin (1924), So far, Central Bank Digital Currencies have failed. In: Ecconomic Affairs 44, 71 – 94.
Kobie, Nicole (2019), The Complicated Truth about China. - Https//publish.illinois.edu/imedia/files/2022/11/The-Complicated-Truth-About-Chinas-Social-Credit-System.pdf
König, Jörg / Meyer, Tim (2025), Der Digitale Euro – Mehrwert oder Risiko? Argumente zur Marktwirtschaft und Politik 179. Berlin: Stiftung Marktwirtschaft.
Sel, Pierre (2024), From Financial Supervision to Morality Construction: Political Narratives of the Social Credit System Policy Process. In: The China Review 24, 75 – 304.