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DIE EU, DIE UKRAINE UND DIE KRISE DES KOLLEKTIVEN WESTENS

Eine „Zeitenwende“ neuer Art für Deutschland

Die Häuptlinge und die Außenminister der EU haben sich am 18. und 19. Dezember 2025 getrof­fen. Sie wollten die „Hilfe“ für die Ukraine beschließen. Herausgekommen ist ein Bild der EU. Besonders schlecht steigt der Padre Padrone des Vereins aus. Merz wollte den Diebstahl der russischen Währungsreserven absegnen lassen. Das wagten schließlich die anderen Paten nicht. Sie beschlossen eine „gemeinschaftliche“ Anleihe von 90 Mrd. €. 

Die BRD, die Hegemonialmacht der EU, hatte sich stets heftigst gegen Eurobonds, gegen ge­meinsame Schulden gewandt. Dafür hatte sie Einiges in Kauf genommen. Ihr Konzept der Aus­weitung der deutschen Macht, der EU als erweitertes Deutschland, wurde eingebremst und sogar irgendwie blockiert. In dieser Politik zeigten sich schon in der Zeit des Corona-Wahnsinns Sprünge. Damals war noch klar: Das „gemeinsame“ Geld wird zurück bezahlt. Jetzt aber ist es allen klar, und es braucht nicht Viktor Orbán dafür: Die 90 Milliarden sind weg. Eine Rückzah­lung „wird hinter vorgehaltener Hand weitgehend ausgeschlossen“ (Welt, 21. Dez. 2025).

Was aber bekommen sie dafür; was bekommt Deutschland? Der Krieg wird um ein paar Wochen, vielleicht um einige Monate verlängert. Und was dann?

Die Episode ist zentral wenn man den westeuropäischen Verein samt seinen Unterläufeln im Osten verstehen will. Doch wir müssen mit dem Weltsystem im Ganzen beginnen.

Es ist immer gut, mit dem Blick auf die Entwicklung der letzten Jahrzehnte zu beginnen und sich dazu einige Daten anzusehen – Daten, wohlgemerkt, der Eliten.

Der Westen insgesamt verliert. Aber insbesondere ist es die EU, die absteigt. Und zwar spielt sich dies nicht zuletzt in jenem Bereich ab, der den Handelnden, dem Kapital und der Bürokratie, besonders wichtig ist: dem Welthandel. Das, was sie an Anteilen verlieren, gewinnt vor allem China. Aber auch andere Wirtschaften der aufstrebenden Entwicklungsländer stehen auf dieser Seite. Da gibt es seit einigen Jahren eine These von Ökonomen aus den Zentren: Der Aufstieg in das mittlere Einkommen sei einigermaßen leicht. Aber dann setzten die Schwierigkeiten ein („Middle income trap“ – Falle des mittleren Einkommens – Eichengreen 2011). Aber das scheint mir mehr eine Hoffnung der Ideologen des Westens als eine Realität. Sie erzählen uns voll Freu­de davon, dass in China, diesem regulierten Kapitalismus, die Wachstumsrate nur mehr 5 % betrage gegenüber den bisherigen 8 %. Denn China stellt sich einiger Zeit selbstbewusst dem westlichen Kapitalismus und dem US-Imperialismus gegenüber. Und das Wachstum dort, vor allem in der EU betrage doch hohe 1 %.

Lassen wir die müden Scherze!

 

Vor einem Viertel-Jahrhundert schrieb Emmanuel Todd (2002) „Après l’empire“. Es war ein durch und durch ideologisches Buch, voll der Bewunderung der USA bis 1990. Und doch sprach er einige Fakten an. Die US-Wirtschaft weist einen säkularen Abstieg auf (fügen wir hinzu: nicht erst seit 1990). Die Deindustrialisierung beschleunigt sich. Die Bevölkerung der USA kann ihren Wohlstand nur mühsam halten. Das gelingt vor allen noch dadurch, dass sie seit Langem ein hohes Handelbilanz-Defizit fährt. Dafür bezahlt sie mit neu gedruckten, immer wertloseren Dollars. Aber noch ist die Welt bereit, den USA ihre Waren zu liefern und das System dort zu funktionieren. Zum Einen sind es die korrupten Eliten, welche dort ihren „save haven“ haben. Zum Anderen benutzt der abhängige Westen die USA als Söldnerstaat für seine militärische Zwecke. 

Todds Hauptvorschlag im Jahr 2002 ist: Westeuropa, die EU, möge sich in einer Annäherung an Russland und mit freundlichen Beziehungen den Interessen des aufstrebenden Chinas entgegen setzen und gleichzeitig eine gewisse Distanz zur und höhere Unabhängigkeit von den USA anstreben.

Man hat fast den Eindruck, als ob Trumps Truppe und die neue Führung der USA Todds Buch gelesen hätte und darin ihre Strategie fände.

Damit kommen wir zur EU zurück und zu unserem eigentlichen Thema.

Die politischen Klassen in der EU haben das Gegenteil getan. Sie haben sich noch mehr an die USA des George Bush und dann des Obama geklammert. Gerade den haben sie in den Himmel gehoben. Zum Teil geschah dies sicher aus purer Verblendung und Überschätzung der eigenen und der US-Positionen und Kräfte. Die Jelzin-Clique und anfangs auch Putin haben ihnen dies leicht gemacht. Sie waren völlig bereit, sich zu unterwerfen. Bis die Putin-Richtung ab 2008 realisierte, dass sowohl USA als auch EU nur ein Interesse hatten: Russland zu unterwerfen. Für diese Erkenntnis dauerte es immerhin bis 2014.

Sehen wir auf die neueste Entwicklung. Aber auch dazu müssen wir etwas rückwärts schauen.

Wieder einmal steht die Stellung Deutschlands zur Debatte; damit die der EU insgesamt. Denn die E(W)G / EU war unter europäischer Perspektive (!!) stets eine Konstruktion um das Problem Deutschland herum. Schon den Vorläufer, die EGKS, haben die französischen Eliten so entwor­fen, dass ihnen die politische Führung zufallen sollte, während sie gleichzeitig die industriellen Kapazitäten Deutschlands nützen, ausbeuten, wollten. Diese hatte das Land auch nach dem katastrophalen Krieg noch in ansehnlichem Ausmaß.

Die USA freilich hatte andere Ideen. Sie dürften sich schon damals über die Franzosen und ihre Großmacht-Illusionen amüsiert und gelegentlich natürlich auch geärgert haben. Aber das franzö­sische Störpotenzial damals und noch in den 1960ern („Politik des leeren Stuhls“, ab 1965 Rück­zug des französischen Golds aus den USA) fiel nicht wirklich ins Gewicht. Für das starke Vierteljahrhundert danach, bis 1990, war ohne den Schatten eines Zweifels klar, wer in der E(W)G das Sagen hatte. Und die französischen Eliten versuchten auch noch neidvoll, das deutsche Modell nachzuahmen.

Dann kam der Zusammenbruch des „Realsozialismus“. Der Anschluss der DDR und damit die Vergrößerung Deutschlands waren nicht mehr zu verhindern. Allerdings sollte sich dies, wider die Erwartungen, zwiespältig auswirken. In gewisser Weise resultierte daraus sogar eine gewisse Schwächung. Doch gerierte sich das neue Deutschland, die Berliner Republik, schnell als Großmacht.

Aber wieder half die französische Regierung den deutschen Herrschenden aus der Klemme, wieder aus denselben Illusionen über die französische Stärke. Mitterand stellte für seine Zustimmung zum Anschluss der DDR die Bedingung der Währungsunion (WU). Er setzte dies gegen den Unwillen Kohls und der deutschen politischen Klasse durch. Selten hat man einer Konkurrenz-Macht ein solches Geschenk gemacht. Die WU wurde zum Stimulus der größten Exporterfolge, welche die BRD je erzielt hatte. Sie schwächte gleichzeitig dauerhaft Frankreich und die anderen Randstaaten in der EU, die bis dahin vielleicht noch eine Konkurrenz für die BRD gewesen waren. 

Zusätzlich brachte die „Norderweiterung“ 1994 / 1995 – auch Österreich vollzog damals den Anschluss – und ein Jahrzehnt später die „Osterweiterung“ der BRD eine Fülle von getreuen Vasallen. Diese Prozesse stärkten also massiv die deutsche politische Position. 


2008 gab es dann den ersten heftigen Misston. Die verheerenden Wirkungen der WU, des €, begannen sich zu zeigen. Die Brüsseler Bürokraten, im Verein mit den nationalen politischen Klassen der Mitglieder, reagierte, wie sie es sich inzwischen angewöhnt hatte: „Weiter so und mehr vom Selben.“ Das war die Ursache, dass man im Grund nie aus der Krise 2008 heraus kam. Seit damals kann man die schleichende ökonomische Dauerkrise der EU und ihrer Mitglieder datieren, Österreich inklusive.

Doch der Erfolg im Ausbau der EU – und es war ein riesiger politischer Erfolg – stärkte die sowieso schon enorme Arroganz und die Machtgier von Bürokratie und Politik. Die EU wollte Weltmacht werden. Die beschleunigte Globalisierung geht wesentlich auch mit einer (Groß-) Regionalisierung vor sich. Die EU ist neben den USA immerhin die Region mit der größten Wirtschaftsleistung, in Weltgeld ausgedrückt. Und immerhin hatte sie sich gerade fast ganz Osteuropa mit Ausnahme Russlands geholt. Nun zeigte sich der Charakter der übernationalen Bürokratie und der deutschen politischen Klasse sowie ihrer Vasallen besonders deutlich. Sie wollte nicht nur diesen neuen Vasallen vorschreiben, wie sie zu handeln hätten. Sie wollte dies auch gegenüber Russland und China. Das steigerte sich bald zur reinen Realitätsverweigerung, wie wir sie heute beobachten. Ab 2014 kamen die bösartigsten Züge der deutschen, der französischen und der britischen Eliten zum Vorschein. Dazu kommt: Man hat den Eindruck, dass diese Eliten gar keine Strategie haben und nur aus der Wut im Bauch heraus agieren. Warum, um Himmels willen, werfen sie dem schon verlorenen Geld nochmals sinnlos 90 Milliarden nach?

Die USA unter Obama unterstützten die Politik der EU, trotz gelegentlicher Misstöne („Fuck the EU!“). Das Alles sollte sich am Zankapfel Ukraine heraus kristallisieren. Es ist möglich, dass in den USA schon 2014 manche Gruppen mit einem Scheitern der EU rechneten. Denn dass die USA den Putsch in Kiew im Feber 2014 unterstützten, obwohl die EU gerade ein Abkommen mit der damaligen Regierung unterschrieben hatten, gibt zu denken. Auch der wenige Wochen später, ab April 2014, beginnende Krieg in der Ukraine war zuerst mindestens ebenso stark eine US- wie eine EU-Politik. Ein altes imperialistisches Szenario zeichnete sich ab.

Aber als Russland diesen Krieg eskalierte, änderte sich die Konstellation. Heute ist der Ukraine-Krieg vor allem eine EU-, d. h. deutsche Angelegenheit. 

Damit aber hat sich sehr viel geändert. Die Welteroberungs-Phantasien von EU und anfangs USA haben zu einer neuen globalen Struktur geführt, bzw. deren Hervortreten beschleunigt. Niemand schaut inzwischen an der Multipolarität vorbei – niemand, außer der EU-Bürokratie und ihrer devoten Regierungen.

Die USA, in der Form der Trump-Regierung, haben mittlerweile begriffen: Sie werden auf die Dauer verlieren, wenn sie den Krieg weiterführen. Sie wollen also heraus, und sie wollen aus diesem Heraustreten ein Geschäft machen – Donald Trump, wie er leibt und lebt. Das ist einmal eine neue Form des alten verlogenen neoliberalen Slogans „Wandel durch Handel.“

Krisen sind Wendepunkte der Politik. An ihnen entscheiden sich Strategien. Aber: In den Krisen setzen sich in aller Regel die Herrschenden durch, nicht die von Unten – im Gegensatz zu den naiven Hoffnungen der Linken.

Die EU, so erzählen uns ihre Propagandisten, ist an ihren Krisen „gewachsen“. Und sie haben Recht. Daraus hat die Bürokratie eine Lehre gezogen: Augen zu und durch! Mehr vom Selben! Dieses Lernen aus den Krisen hat sich zur völligen Lern-Resistenz versteift.

Die gegenwärtige Krise der EU ist tief. Bisher ging es darum, alle Kompetenzen wirtschaftlicher und sozialer Art an sich zu ziehen und zu zentralisieren. Nun aber ist die EU im Begriff, sich deutlichst zu wandeln: in ein offenes Militärbündnis, zu einer Euro-NATO ohne die USA. 

Dazu passen die Handelnden. Politische Akteure repräsentieren Klassen und Gruppen. Merz oder von der Leyen erscheinen unfähig und man fragt sich: Wieso konnten sie in ihre Stellungen kommen? Aber wir müssen nach ihrer Basis fragen. Warum hat diese sie trotzdem unaufhaltsam nach Oben getragen? Oder Macron? Oder Starmer?

Als Lautsprecher ihrer (Klassen-) Fraktionen repräsentieren sie deren Schwächen und Stärken. Der euro-atlantische Finanz- und Spekulations-Kapitalismus dürfte um seine Schwächen in der Welt-Situation Bescheid wissen. Die wirtschaftliche Situation wankt, und die ökonomischen Strukturen wandeln sich zu Ungunsten des Westens. Aber er sieht auch seine Stärken: Mag die politisch-kulturelle Hegemonie wanken, die aufstrebende globale Mittelschicht und auch ein erheblicher Teil der Massen schauen noch immer fasziniert in den Westen und auf seinen Wohl­stand. Die enorme militärisch-technische Macht funktioniert im Angriff und in der Zerstörung – siehe Iran, siehe den Nahen Osten insgesamt. Was danach kommt, ist freilich eine andere Sache – siehe z. B. Afghanistan. Doch sie lernen daraus: Wir müssen unsere militärisch-politische Stärke und unsere Finanzkraft ausspielen. 

Wie gefährlich dies wird, sehen wir, wenn sie auf einen Gegner stoßen der pari gibt; der selbst bereit ist, zu eskalieren, und wo im Hintergrund Atomwaffen stehen, In der Ukraine scheint die offensive Strategie der EU gerade zu scheitern. Das aber will die EU und ihre Führung, vor allem auch die deutsche, keinesfalls hinnehmen. Ihr „Europa“ steht tatsächlich dort auf dem Spiel.

Doch nun sehen wir etwas Unerwartetes: Im Inneren der Führungsgruppe erhebt sich Widerstand. Italien ist mit seiner Beteiligung an militärischen Abenteuern mehrfach gescheitert. Mussolini und sein Regime hat den Zweiten Weltkrieg nicht überlebt – Franco dagegen schon. Meloni ist aber gerade dabei, sich aus einer mentalen Mussolini-Nachfolgerin zu einer von Fanfani und Andreotti zu häuten, hat dies eigentlich schon hinter sich. Sie wurde zur klassischen Altkonser­vativen. Draghi steht ihr heute näher als Almirante. Damit beginnt sie in der EU eine Rolle zu spielen, die Italien bisher nicht hatte.

Aber noch ist Merz der Sprecher der kriegsgeilen Nordgruppe. Neben der BRD gehören dazu vor allem die Skandinavier, die Balten und natürlich Polen – und Österreich. Das ist eine starke Gruppe, eine Mehrheit. Auch eine Zwischengruppe scheint es zu geben. Und schließlich gibt es die Anderen. Diese Spaltung könnte tatsächlich zu einer Lähmung der EU auf längere Frist führen, weil sie unterschiedliche Politiken beinhalten. Es ist zu erwarten, dass sich das Nach-Macron-Frankreich eher in die italienische Richtung bewegt. Dazu kommen andere Verrückthei­ten, i. S. der EU selbst: Die Ukraine soll kurzfristig integriert werden. Russland hat dem bisher sogar zugestimmt. Das dürfte eine Mischung von taktischen Überlegungen – die EU massiv schwächen – und Fehlbeurteilungen sein. Offenbar haben dort noch nicht alle mitbekommen: es ist nicht sosehr die Gesamt-NATO als vielmehr die €-NATO der Gegner. Der Ukraine-Krieg war stets ein EU-Krieg.

Die EU könnte in ihrer Verblendung in eine Krise geraten, welche alle bisherigen übertreffen.

 

Und Österreich?

Zum allgemeinen Wahnsinn der westlichen EU-Staaten kommt bei der österreichischen Regie­rung die freiwillige Total-Abhängigkeit von Deutschland. Und schließlich dürften einige Minister auch persönliche Karriere-Planung betreiben. Meinl-Reisinger spitzt sicherlich auf einen EU-Posten; vielleicht will sie sogar Kommissions-Präsidentin werden.

Österreich hatte 1945 / 55 einen selbständigen Weg als Kleinstaat im Schatten der Machtblöcke gewählt. Die Förderung des Nationenbaus und des eigenen National-Bewusstseins, also die Gegenpolitik zur Ersten Republik, verband sich organisch mit der Außenpolitik entlang den Linien einer ehrlichen Neutralität. Ganz geradlinig war dies nicht, aber das steht hier nicht zur Debatte.

Dann kamen die End-1980er Jahre. Zufällig war es nicht, dass die entscheidende Weichenstel­lung auf einen neuen Weg zuerst in der SPÖ stattfand. Das kann man exakt datieren. Am 10. September 1984 übernahm Leopold Gratz das österreichische Außenministerium. Erwin Lanc wurde in die Wüste geschickt. Man warf ihm unverblümt und wörtlich vor, nachzulesen in der „Presse“: Er hat die Außenpolitik von Kreisky weiter geführt. Ein Jahr später trat Sinowatz in einer schweren Fehleinschätzung die Kampagne los, die schnell zu seinem politischen Ende führen sollte. Es ging da von allem Anfang an nicht vorrangig um Waldheim. Es ging um Österreich. Heute hetzt man in der BRD den Geheimdienst wegen „Delegitimierung des politischen Systems“ auf Opponenten, wie immer sie eingestellt sein mögen. Hat es je eine Delegitimierungs-Walze gegeben, dann jene, welche die heimlichen Großdeutschen im linksliberalen Kostüm 1986 / 90 gegen Österreich gefahren haben. Österreich muss fallen, damit sie ihre Ziele erreichen.

Als Sinowatz nicht mehr aus oder ein wusste, machte er Vranitzky zum Kanzler. Und der erfüllte alle Herzenswünsche der gewendeten nun und der Staatsmacht dienenden „Links“liberalen. Als Schlachtross diente dem neuen Kanzler die „Mitschuld Österreichs“ am Nazi-Reich. Es ist hoff­nungslos, österreichischen Historikern beibringen zu wollen, dass es einen Unterschied zwischen einer Institution, einem Staat, und Personen gibt. Es geht erst recht nicht, wenn sie es nicht begreifen wollen, weil es ihrer Ideologie widerspricht. Aber da der Staat Österreich zwischen 1938 und 1945 wirklich nicht existierte erfand man alle möglichen Erzählungen. Dazu gehörte prominent jene von der Übervertretung von Menschen aus dem ehemaligen Österreich in nazistischen Organisationen. Wer das noch immer glaubt, soll in einigen wenigen Autoren nachlesen (Perz, K. Bauer).

Vranitzky und Mock erreichten ihr Ziel. Sie brachten Österreich in die EU. Hauptargument war der Schwachsinn des alten Raab. Der wäre gerne schon in den 1960ern der EWG beigetreten, um nicht „in der Neutralität zu verhungern“. Eine starke Mehrheit der Bevölkerung stimmte 1994 zu. Sehr viele haben dies seitdem bitter bereut. Aber die österreichischen Spitzenpolitiker nahmen ihnen die Möglichkeit, sich zu äußern. Heinz Fischer verhinderte 2008/09 als Bundespräsident eine Volksabstimmung über den Vertrag von Lissabon und wurde zu einem der Totengräber der österreichischen Nation.

Inzwischen ist Österreich der am stärksten politisch von der BRD abhängige Staat. Das ist der Wille der Regierung. Nach einem dreiviertel Jahrhundert von Selbständigkeit und erfolgreicher Entwicklung – jedenfalls erfolgreicher als die BRD – sind wir ein Anhängsel an einem Staat, dessen Regierung nichts lieber möchte als in den nächsten Krieg zu ziehen. Ob da der Widerstand noch was verhindern kann, ist eine unsichere Sache. 

Dahin gebracht haben uns jene Leute, die am lautesten „Nie wieder!“ schreien.